Rival Empire: «In Mundart klingen wir poppiger»

Interview mit Rival Empire
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© Rival Empire, zVg

Rival Empire leben im Grossraum Zürich, haben sich im bluesigen Pop gefunden, die letzten beiden Songs bewusst mitten in Zürich aufgenommen und sind laut der aktuellen Single «Glücklich». Wir haben mit Sänger Reto und Schlagzeuger Paolo über Musik, das Live-Spielen, Herausforderungen von Social Media und über das Texten in Mundart gesprochen.

 

Ihr habt eure Wurzeln im Blues. Wie habt ihr euch stilistisch als Band gefunden?

 

Reto: Wir machen im Grunde schon Rock, aber die neue Single «Glücklich» ist eher auf der Pop-Schiene. Stilistisch liegen unsere Interessen weit auseinander; von Pop bis zu richtig harten Sounds. Manche mögen die härteren Sachen weniger. Ich mag sie sehr, aber gesanglich liegen sie mir nicht. (lacht) Also hat sich gezeigt, dass Pop und Blues genau das ist, was wir gerne spielen.

 

Mit der Single «Alti Muure» habt ihr die Sprache gewechselt. Hat sich dadurch der Schreibprozess verändert?

 

Reto: Definitiv. Man überlegt sich noch bewusster, was man sagt und wie man das tut. Im Englischen kann man sich vielleicht ein wenig verstecken, aber kennt oft nicht alle Bedeutungen wie etwa Sprichwörter. Das war manchmal schwierig und wir haben bei Leuten, deren Muttersprache Englisch ist, nachgefragt. Schweizerdeutsch ist genau deshalb cool, weil es unsere Muttersprache ist und wir sie geschickter nutzen und uns so viel breiter ausdrücken können. Es ist zwar schwieriger, aber wenn man es gut macht, ist es besser.

 

Paolo: Ich kann gut Englisch, aber bei der Arbeit mit schweizerdeutschen Texten ist mir aufgefallen, dass Ideen besser ausgearbeitet werden können. Ich verstehe die Sprache deutlich besser und kann meinen Senf fundierter dazugeben. Bei englischen Songs habe ich als Drummer eher die Beats beigesteuert, es fiel mir aber schwer, sinnvolle Inputs zu den Texten zu geben. Für mich ist das die erste Erfahrung mit Mundart in einer Band und es ist sensationell geil.

 

Reto: Für das Publikum ist es zudem einfacher, den Text zu verstehen. Bei Englisch hört man - das geht mir selbst auch so - nicht immer so genau auf den Text. Bei Mundart passiert das wie automatisch. Selbst beim Arbeiten hört man unbewusst mit. So kann eine Message leichter auf das Publikum übertragen werden.

 

Interessant ist, wie sich mit der Sprache auch der Ausdruck im Gesang leicht ändert, irgendwie entspannter klingt. Empfindest du das auch so?

 

Reto: Das ist definitiv so. Ich merke auch einen Unterschied beim englischen Gesang. Beruflich habe ich viel mit Englisch zu tun und trotzdem merkt man, dass es nicht meine Hauptsprache ist. Ein Engländer klingt völlig anders und ein Amerikaner gleich nochmals. Ich fühle mich beim Gesang in der Muttersprache wohler und vielleicht ist es das, was du hörst.

 

Reto: Wir wollten aber nicht kitschig sein und Glücklichsein ist auf eine Art einfach gesagt, aber es ist nicht so leicht. Irgendwann kommt eine Phase, wo es dir schlechter geht.

 

Ist die Entwicklung zu Mundart und auch zum poppigen Touch, harmonisch passiert oder war das eine klare Entscheidung?

 

Reto: Wir haben schon auch rockige Nummern in Mundart, aber die sind noch nicht veröffentlicht. In Mundart klingen wir poppiger, aber warum das so ist, kann ich gar nicht so genau sagen. Irgendwie passt es besser.

 

Paolo: Wir kommen alle aus anderen Stilecken. Das geht von abgespacten Old School-Sachen mit modernem Touch, wie bei Luciano. Jan hört eher Patent Ochsner, Coldplay oder Klassiker wie Rolling Stones. Ich komme total aus dem funkigen, bluesigen Bereich. Das ganze Pop-Ding fühle ich aber auch. Die Mischung, die sich ergibt und die wir auf Platten bringen wollen, finde ich sehr interessant. Bei diesen beiden Mundart-Songs ist uns das gut gelungen.

 

«Glücklich» erzählt von einem Wandel zum Glücklichsein und davon, sich nicht zu lange mit den dunklen Momenten zu belasten. Basiert der Text auf einer persönlichen Erfahrung?

 

Reto: Eigentlich hatten wir einen anderen Text. Die Message war aber irgendwie nicht so greifbar, es hat nicht gepasst. Dieses Musiker-Ding halt, immer den perfekten Text zu finden. Also entstand im Studio von Thomas Fessler (Produzent und Mitinhaber bei 571 Recording Studios in Zürich, Anm. d. Red.) die Idee, «Wieso nicht einfach glücklich sein». Wir wollten aber nicht kitschig sein und Glücklichsein ist auf eine Art einfach gesagt, aber es ist nicht so leicht. Irgendwann kommt eine Phase, wo es dir schlechter geht. Wir waren kürzlich auf Promo bei Radio Top und dort habe ich Peter Reber zitiert: «Wenn das Glück kommt, musst du ihm einen Stuhl hinstellen und es soll sich setzen und bleiben».

 

Paolo: Diesen Song gibt es überhaupt nur, weil wir einen glücklichen Song haben wollten und auf der Suche danach, ist dieser Song entstanden. Man soll nicht alles so schwernehmen. Schaut man die Single «Alti Muure» an, den zweiten Mundartsong, ist die Message brutal. «Glücklich» dreht sich um die Suche nach dem Glück und so ist der Song entstanden. So ist er gewachsen und wurde im Studio finalisiert.

 

Wie habt ihr euch für Thomas Fessler als Produzent entschieden?

 

Reto: Ich kannte ihn schon länger von Acts wie HECHT, Sina oder 77 Bombay Streets und bewunderte ihn auch. Das Debüt haben wir in den Powerplay Studios von Cyrill Camenzind aufgenommen und für die neuen Songs wollten wir einen «bekannteren» Namen, weil wir dazulernen wollten. Auf unsere Anfrage hat Thomas Fessler sehr schnell und sehr nett reagiert. So war das rasch entschieden. An Thomas beeindruckt mich sein Gehör und das Verständnis für Texte. Ich habe beispielsweise «Glücklich» zu aggressiv gesungen und sagte, dass ich nur in die Höhen komme, wenn ich fast schreiend und bluesig singen würde. Thomas ist aber sehr wortgewandt und empathisch, weiss genau, wie er dich anpacken muss. Schlussendlich habe ich den Song weniger aggressiv gesungen. Er hat Sachen aus mir herausgeholt, die ich nie im Leben erwartet hätte. In dem Bereich ist er ein Genie.

 

Paolo: Sie sind dazu unfassbar menschlich, was wir nicht erwartet haben. Man hört oft von Starproduzenten, die unnahbar sind und halbe Bands zerreissen. Thomas Fessler und Andri  (Andri Urfer ist Produzent im Studio von Thomas Fessler, Anm. d. Red.) sind da ganz anders, obwohl sie Starproduzenten in der Schweiz sind. Wir hatten schon etwas Respekt und dachten: «Entweder gibt es einen Hit oder wir trennen uns». (lacht) Aber sie haben uns geformt und jedem Einzelnen etwas beigebracht. Das zeigt halt schon, dass man in der Musik nie ausgelernt hat. Es war vermutlich der beste Entscheid, den wir als Band fällen konnten, zu Thomas Fessler in die 571 Studios zu gehen.  

 

Rival Empire - «Glücklich»

 

 

Ihr sagt, dass Thomas Fessler Inputs für die Texte gegeben hat. «Alti Muure» hat einen sehr schönen Text, der dazu plädiert, auf die Geschichte und auf Erfahrungen zu achten, aber doch auch für Akzeptanz einzustehen. Wie hat sich dieser Text bei der Arbeit im Studio noch verändert?

 

Reto: Auf die Message hat er nicht gross Einfluss genommen. Wenn wir zu kompliziert getextet haben, versuchte er uns Wege zu zeigen, um die Aussage einfacher zu formulieren. Oder wenn es ein «Gewurschtel» wird und schwer verständlich ist, dann entwirrt er und darin ist er sackstark.

 

Paolo: Er erkennt halt, wie die Leute draussen einen Song ideal verstehen und dieses Talent ist schon eindrücklich.

 

Sehr sympathisch an Rival Empire ist, dass euch Live-Shows sehr wichtig sind. Was braucht eine Show, damit ihr zufrieden seid?

 

Paolo: Auf der Bühne haben wir einen Zusammenhalt, feiern eine Party, und die soll über den Bühnenrand hinausgehen. Wenn du ins Publikum schaust und die Leute tanzen und mitfeiern, ist das eines der schönsten Feedbacks, das es überhaupt gibt. Das hast du nur, wenn du live spielst. Darum machen Live-Shows unglaublich viel Spass.

 

Reto: Ich finde unfassbar schön, wenn eine Interaktion zwischen Publikum und Band entsteht. Als wir bei einem Konzert in diesem Sommer den Song «Chlini Moment» spielten, den wir bis jetzt nicht aufgenommen haben, hat das Publikum am Schluss die Phrase «denn bliebets für immer» von sich aus wiederholt. Jan hat das sofort aufgenommen und schnell ist die Band miteingestiegen, das war sensationell. Ich hatte kurz Tränen in den Augen als ich es später ein zweites Mal angeschaut habe.

 

Paolo: Ich habe gleich wieder Gänsehaut. Das sind Momente, die du nicht üben kannst.

 

Solche Momente muss du als Band aber auch erkennen und aufgreifen.

 

Paolo: Richtig. Aber wir sind alle erfahren genug, damit wir das checken und darauf eingehen können.

 

Paolo: Wenn du ins Publikum schaust und die Leute tanzen und mitfeiern, ist das eines der schönsten Feedbacks, das es überhaupt gibt.

 

Was steht denn für dieses Jahr noch in der Agenda von Rival Empire?

 

Reto: Songs schreiben. Gigs bekommen, damit wir die Songs finanzieren können. Social Media wird immer mehr ein Thema. Also Videos produzieren. Es sind verschiedenste Baustellen. Wir möchten möglichst immer mehr erreichen. Aber das grosse Ziel ist schon das Live-Spielen. In der Art von HECHT. Sie hört man nicht so oft zuhause, aber kaum gehen sie auf Tour, ist das Hallenstadion voll.

 

Paolo: Wir haben jetzt etwas Zeit, um an der Live-Performance zu feilen und hoffen, dass wir im nächsten Jahr ein Feuerwerk knallen lassen können.

 

Ist ein Album geplant, das auf «Alti Muure» und «Glücklich» aufbaut?

 

Reto: Konkret nicht. Aber es ist schon die Idee, irgendwann eine EP zu haben, die die Songs zusammenfasst. Wir sind immer noch ohne Label bzw. im Selbstvertrieb und es ist manchmal schwierig, sich Zeit und Geld zu nehmen. Eine Single macht da oft mehr Sinn. Ein Song lässt sich leichter pushen und promoten. Dazu muss man nicht zehn bis zwölf Songs schreiben, die nicht alle gleich gut sind.

 

Paolo: Es ist eine Schnelllebigkeit da. Ich bin für Social Media zuständig, also für Videos oder neu auch TikTok. Dort hast du 30 Sekunden und in denen musst du voll da sein. Da steckt eine extreme Arbeit dahinter, die wir alle unterschätzt haben. Man sieht das kurze Video, hat aber dafür teilweise fast einen Tag an Zeit investiert. Das kommt langsam ins Rollen. Wir haben im Juli am Outdoor Festival in Siebnen gespielt und wurden im Vorfeld von einem professionellen TikToker aus dem Thurgau angeschrieben. Er wollte gerne vorbeikommen und unseren Gig live bei TikTok streamen. Natürlich haben wir ihm geantwortet, dass wir sofort dabei sind. Für uns ist das voll geil. Als ich mit Musik angefangen habe, hätte ich mir nie erträumt, dass irgendwann alles so krass von digitalen Medien beeinflusst wird. Es eröffnen sich aber auch Chancen.

 

Reto: Du hast 24 Stunden einen Draht zu den Fans.

 

Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt. 

 

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* Dieser Artikel ist Teil einer Textpartnerschaft mit den Lokalzeitungen von zuerich24.ch

 

Bäckstage Redaktion / Di, 25. Jul 2023